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Keiner will die Kreisstraße 23 haben

Verhärtete Fronten im Streit um eine Straße durch den Bienwald, die es zwar weiter geben soll, die aber keiner besitzen möchte: Der Kreis will die K 23 bei Schaidt an die Stadt Wörth abtreten. Die lehnt das jedoch ab – schon mit Blick auf ihren „desaströsen Zustand“. Wie das Kräftemessen ausgeht, scheint offen. Womöglich kommt ein Dritter ins Spiel.

Von Andreas Betsch


K23 am weißen kreuzKreis Germersheim/SCHAIDT. „Kreisstraße abzugeben“, titelte die RHEINPFALZ Mitte Dezember. Wie damals bekannt wurde, will der Kreis Germersheim sich von seiner nahe der deutsch-französischen Grenze verlaufenden Kreisstraße (K) 23 trennen. Die K 23 führt von Schaidt über das „Weiße Kreuz“ zur Landesstraße (L) 545, die Scheibenhardt, Bienwaldmühle und Steinfeld verbindet. Der Kreis hatte bei der Stadt Wörth angefragt, ob sie bereit sei, die K 23 als Gemeindestraße zu übernehmen. Die offizielle Antwort soll Landrat Fritz Brechtel in diesen Tagen per Post bekommen: Der Stadtrat Wörth lehnt die Übernahme der K 23 ab. Es komme höchstens die Übernahme des innerörtlichen Teilstücks „Waldstraße“ infrage, sagte Bürgermeister Dennis Nitsche auf Anfrage. „Sofern der Kreis diese in abgabefähigen Zustand versetzt oder das abgegolten wird.“ Der schlechte Zustand der K 23 wurde von den politisch Verantwortlichen vor Ort zuletzt immer wieder angeprangert.

die abgegrenzten

Scheibenhardt ist deutsch. Scheibenhard liegt in Frankreich.

Von der Grenze sprach kaum noch jemand – bis das Virus kam.


Ein Artikel von Benno Stieber

Die Kette, die wochenlang Scheibenhardt von Scheibenhard getrennt hat, ist irgendwann im Mai verschwunden. Rot-weiß und aus Plastik hing sie quer über der Lauterbrücke. Bald zierten Kinderzeichnungen und europafreundliche Botschaften dieses unfreundliche Zeichen der neuen Nationalstaaterei. In unbeobachteten Momenten duckten sich die Scheibenhard(t)er von beiden Seiten einfach drunter durch, so als wäre die Grenzschließung nur ein absurder Akt, der ihnen da von Politikern im fernen Paris und Berlin abverlangt wird. Dann war die Kette plötzlich weg. „Es hat sie jemand geklaut“, erzählt Karl Heinz Benz. „Gut so“, entfährt es Francis Joerger und er grinst spitzbübisch. Benz ist Stadtrat im deutschen Scheibenhardt, Joerger war bis vor wenigen Wochen Bürgermeister im französischen Scheibenhard, hier am Südzipfel von Rheinland-Pfalz. Die beiden kennen sich aus ihren gemeinsamen Zeiten bei den französischen Sozialisten, sie wollten Europa immer leben, waren nie sehr zufrieden mit dem Zustand der deutsch-französischen Freundschaft. „Ein guter Europäer ist einer, der immer unzufrieden ist“, sagt Joerger. Unzufrieden ist ein viel zu schwacher Ausdruck für das, was sie in den letzten Monaten gefühlt haben. Benz und Joerger sind sich einig: Wenn die deutsch-französische Freundschaft am Rhein und in der Pfalz das Schaufenster Europas ist, dann muss dieses Fenster nach den Coronawochen gründlich renoviert werden.

Grenze auch in den Köpfen öffnen

Die Grenze nach Frankreich ist offen. Für die Bürger an der Lauterbrücke ein Grund zur Freude. Auf Volksfeststimmung muss wegen der Corona-Verordnung verzichtet werden, stattdessen wird abends ein multimedialer Vortrag über Europa gezeigt. Doch hätte wirklich jemand richtig feiern wollen?

von Matthias Dreisigacker

rund 80 menschen verfolgten den vortrag klSCHEIBENHARDT/SCHEIBENHARD. Angemessener als mit einer eher die geoeffnete grenze in scheibenhardt klstillen Zusammenkunft kann man das Verschwinden einer Grenze, die man nicht mehr für möglich gehalten hatte, nicht begehen. An Montag wurden die Grenzschließungen und –kontrollen zwischen Frankreich und Deutschland aufgehoben. Abends haben sich rund 80 Bürger auf der deutschen Seite bei der Lauterbrücke versammelt. Hierzu eingeladen hat die Europa-Union Rheinland-Pfalz mit ihrem Vorsitzenden Norbert Herhammer. Mit einer guten Viertelstunde Verspätung geht es los. Volksfeststimmung ist anders: Der Ausschank von Speisen und Getränken ist nicht gestattet. Ein paar Stühle, eine Leinwand und dann rückt der Mainzer Politologe Ingo Espenscheid in den Mittelpunkt. Er präsentiert seinen multimedialen Vortrag „70 Jahre Schuman-Plan“, der bis heute als Geburtsinitiative der Europäischen Union gilt. Auf Initiative des französischen Außenministers Robert Schuman wurde 1950 ein gemeinsamer Markt für Kohle und Stahl geschaffen, der Rest war bis vor wenigen Wochen eine wirklich gute Geschichte. „Am Tag davor hat Ursula von der Leyen im Fernsehen noch gesagt, die Grenzen in Europa dürfen nicht schließen. Und am nächsten Tag war zu“, kommentiert hinterher der Scheibenharder Bürgermeister Gérard Helffrich den gespenstischen Vorgang. 

Am Montag wird an der Grenze gefeiert

SCHEIBENHARD(T). Die Grenzen öffnen wieder offiziell – und an der symbolträchtigen Lauterbrücke zwischen Scheibenhard/Elsass und Scheibenhardt/Pfalz wird unter Wahrung der Abstandsregeln am Montag, 15. Juni, ab 21.30 Uhr gefeiert. Mit einem „Open-Air-Event der besonderen Art“ feiert die Europa-Union Rheinland-Pfalz die Wiedereröffnung der europäischen Grenzen nach der Corona-bedingten Schließung: Am 15. Juni – dem Tag der offiziellen Grenzöffnung nach den Corona-Einschränkungen – präsentiert der Mainzer Politologe und Vortragsprofi Ingo Espenschied seine Dokumentation „70 Jahre Schuman-Plan“ am wohl symbolträchtigsten Grenzübergang zwischen Deutschland und Frankreich: der Lauterbrücke in der Doppelgemeinde Scheibenhardt/Scheibenhard. In einer live kommentierten, multimedialen Zeitreise auf Großbildleinwand erzählt Espenschied die Geschichte der Gründung Europas durch den Schuman-Plan am 9. Mai 1950 sowie den Prozess der europäischen Einigung bis heute. Die Veranstaltung startet um 21.30 Uhr, der Eintritt ist frei. Die offiziellen Hygiene- und Abstandsregeln sind einzuhalten. Ein Getränke-Ausschank kann daher nicht erfolgen. Eigene Getränke können jedoch mitgebracht werden. Die Veranstalter bitten um Verständnis, dass es nur ein eingeschränktes Platzangebot geben kann. hcs

Quelle: DIE RHEINPFALZ, Pfälzer Tageblatt - Ausgabe Rheinschiene, Freitag, den 12. Juni 2020

 

Chance oder Risiko?

Kontroversen wegen interkommunalem Gewerbegebiet

SCHEIBENHARDT. Würde die kleine Verbandsgemeinde Hagenbach (VG) beim Bau eines interkommunalen Gewerbegebiets von ihren Partnern Kandel und Wörth „untergebuttert“? Diese Frage bot am Dienstag im Ortsgemeinderat Scheibenhardt Stoff für eine muntere Diskussion über Sinn oder Unsinn des geplanten Vorhabens. Jedoch: Bei der Abstimmung enthielt sich die Mehrheit. Als erster Gemeinderat der VG hatte man sich in Scheibenhardt zu den Ideen eines „interkommunalen Gewerbegebiets“ mit Kandel und Wörth zu äußern. Eigentlich sei das „unfair“, sagte Steffen Diesel (CDU), denn das Vorhaben betreffe vor allem Hagenbach. Auf der Gemarkung der Stadt lägen einige der als Gewerbefläche vorgesehenen Grundstücke. Scheibenhardt sei hingegen wenig betroffen. „Für uns hat es weder etwas Negatives noch etwas Positives“, sagte Ortsbürgermeister Edwin Diesel (parteilos). Man könne höchstens Ausgleichsflächen einbringen.