Ich weiche dann mal lieber aus ...
In der Südpfalz tobt ein Streit um den geplanten Bienwald-Radweg. Zwischen Steinfeld und Scheibenhardt entlang der L 545 soll er verlaufen. Länge: rund elf Kilometer. Kosten: etwa 4,3 Millionen Euro. Wo genau liegt eigentlich das Problem? Unser Reporter ist die umstrittene Strecke mal selbst abgefahren.
Steinfeld. Vielen Leuten ist es an diesem Donnerstag im Juni vermutlich entschieden zu warm für eine Radtour. Aber egal: Die Strecke führt ja fast nur durch den Wald und verspricht daher Schatten. Mein Vater begleitet mich auf der Tour durch den Bienwald. Unser Auto mit dem Fahrradträger bleibt am Bahnhof in Steinfeld (Kreis Südliche Weinstraße) stehen. Ziemlich genau hier soll der noch nicht gebaute Radweg starten und bis in die Gemeinde Scheibenhardt führen, einen Ort im Kreis Germersheim, durch den die deutsch-französische Grenze führt.
Allerdings begegnet einem auf halber Strecke sogar eine noch schmälere Straße, nämlich die Abzweigung nach Schaidt, ein Ortsbezirk von Wörth. Insgesamt ist die Straße zwischen Steinfeld und Scheibenhardt flach, Hügel gibt es keine. Besonders kurvenreich ist sie auch nicht. Die langen geraden Abschnitte haben allerdings ihre Tücken: Sie verleiten Autofahrer zu mehr Druck aufs Gaspedal. Genau das ist auch der Punkt, den die Planer des Radwegs anführen: Weil auf der schmalen Straße Fahrräder oft von Autos überholt werden, komme es nicht selten zu gefährlichen Verkehrssituationen, heißt es. Und ja: Diese Erfahrung mache ich auch. Eines der Fahrzeuge, die uns passieren, kommt mir etwas zu heftig von hinten angerauscht. Mein Vater ruft mir zu: „Was machst du denn jetzt?“ Was wohl? Ich weiche zur Seite aus und warte, bis das Auto vorbeigefahren ist. Ausweichmanöver scheinen auf diesem Abschnitt der L545 zum täglichen Geschäft zu gehören. Eine tiefe hellbraune Spur ohne Gras verläuft fast überall parallel zum Straßenrand. Es gibt quasi kein ebenerdiges Bankett. Auf unserer Tour begegnen wir Benno Vogel, der schon seit 40 Jahren in Scheibenhardt wohnt und gut jeden zweiten Tag per Rad auf der L545 unterwegs ist. Von brenzligen Verkehrssituationen auf dieser Strecke kann er ein Lied singen. Er hält den Bau des Bienwald-Radwegs für unbedingt notwendig. „Ich habe mich beim Ausweichen hier auch schon hingelegt“, berichtet er mit grimmigem Gesichtsausdruck. „Diese Straße ist einfach gefährlich“, lautet seine Einschätzung. Vogel versteht den neuerlichen Streit um den Radweg nicht, zumal das Projekt nicht neu sei. Diskussionen um einen Radweg durch den Bienwald gab es bereits vor dem Jahr 2000.
Gerichtstermin steht
Da die BI Bienwald Klage gegen den geplanten Radweg eingereicht hat, steht einer tatsächlichen Umsetzung momentan noch eine Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Koblenz im Weg. Auf RHEINPFALZ-Anfrage hat das Gericht mitgeteilt, dass in dem Fall noch nichts entschieden wurde. Ein Verhandlungstermin sei für Mittwoch, 4. August, angesetzt.
Quelle: RHEINPFALZ, Ausgabe " Germersheimer Rundschau" vom 06.07.2021