Kinder nach französischem System erzogen

Gegenüber: Claudie Knaub geht nach 44 Jahren in der Kita Scheibenhardt in Rente

Von Joachim Paul

SCHEIBENHARDT. Eine „Institution“ verlässt die Kita „Sonnenschein“ in Scheibenhardt: Am Donnerstag wurde die 64-jährige Claudie Knaub nach über 44-jähriger Tätigkeit als Erzieherin – davon über 15 Jahre lang als Leiterin – in den Ruhestand verabschiedet.
kinder nach franzoesischem system erzogen gr„1973 bin ich mit 20 Jahren hier als französische Kraft eingestellt worden, unter anderem auch um die französische Sprache zu vermitteln“, erzählt die aus Münchhausen kommende Elsässerin. „Damals wurde der Kindergarten mit 26 oder 28 Kindern wieder eröffnet. Inzwischen habe ich vier Bürgermeister erlebt und schon in der dritten Generation versucht, etwas beizubringen“, fährt sie fort.1975 und 1976 nahm sie sich eine Auszeit von jeweils acht Wochen und ging in Mutterschutz (ein Sohn, eine Tochter). 1980 stellte dann die damalige Bezirksregierung die französische Qualifikation von Knaub als Leiterin des Kindergartens in Frage und sie musste als Zweitkraft eingesetzt werden. Ab 1991 besuchte sie die Fachschule Erziehung in Ludwigshafen, um diese Anerkennung zu bekommen. „Die Gemeinde hat mich dafür diese drei Jahre freigestellt, wofür ich sehr dankbar war“, sagt Knaub. So war sie jede Woche drei Tage im Kindergarten und zwei Tage in Ludwigshafen. Ab 1994 übernahm sie als Mutterschaftsvertretung die Leitung des Kindergartens. 1999 wurde ihr dann offiziell die Leitung der Kita übertragen – als eine der ersten Amtshandlungen des neu gewählten Ortsbürgermeisters Erwin Diesel – wie dieser in seiner Rede bemerkte, in der er ihren Abschied aus dem Berufsleben mit einer Ehe verglich.

Diesel hob ihre Verbundenheit zu ihrem „geliebten und ihr ans Herz gewachsenen Kindergarten“ besonders hervor: „Deine Arbeit wurde geschätzt und auch gelobt. Du hattest immer ein offenes Ohr für die Anliegen der ganz Großen, der Eltern, aber auch der ganz Kleinen, der Kinder.“„Ich habe immer versucht, durch meine lockere Art viel rüber zu bringen und habe hier mit meinen Vorgesetzten wie mit den Eltern und der Bevölkerung immer ein gutes Verhältnis gehabt. Ich war immer auf Fortbildungen, um auf dem neuesten Stand zu sein und zum Wohle der Kinder die richtige pädagogische Arbeit leisten zu können. Dabei hat mich der Bürgermeister immer unterstützt“, möchte Knaub erwähnt wissen. Aber auch den „so beliebten“ Gemeindearbeiter Edgar Gabriel hob sie hervor, die rechte, immer helfende Hand. „Das müssen wir Edgar sagen, der macht das schon“ hieß es immer. Sie geht dann auch auf ihre Pädagogik ein und legt großen Wert darauf, dass es bei ihr kein „Laissez - faire“ gegeben hat. „Ich habe immer den gesunden Mittelweg gesucht und nach französischem System gelehrt. So haben wir viel Vorschularbeit gemacht: die Sprache, das logische Denken, der Wortschatz, Fingerübungen, damals auch die Mengenlehre, Turnen für die Fein- und Grobmotorik und das Singen standen im Mittelpunkt. Alle diese Bereiche wurden im täglichen Ablauf von mir und meinen Kolleginnen durchgenommen, behandelt. In einem bestimmten Alter verlangen wir bestimmte Fähigkeiten und Techniken“, betont sie. „Die Kinder haben auch einen Gerechtigkeitssinn. Man muss ihnen ihre Grenzen auch aufzeigen – es gibt auch ein Nein“, sagt sie sehr resolut. Sie habe sich jeden Morgen auf die schönen Rückmeldungen der Kinder gefreut, wenn diese fröhlich zu ihr kamen und sie später immer noch besucht haben. „Wenn ich die Kindergartenkinder so ansehe, haben alle ihren Weg gemacht und gute Berufe erlernt, alle sind gut durchgekommen“, stellt Knaub erfreut fest. An eine Begebenheit erinnert sie sich gerne. Als sie Frühdienst hatte, sei morgens eine berufstätige Mutter mit ihrem zweijährigen Kind zu ihr gekommen. Dieses sollte ganztägig in der Kita bleiben, da sie ja arbeiten müsse. Darauf habe das Kind zur Mutter gesagt: „Das macht ja nichts. Ich gehe zu Claudie, die arbeitet ja nicht.“ Dabei war sie jeden Tag von 7 bis 16 Uhr in der Kita, wie Steffi Moritz, der Knaub an ihrem 60. Geburtstag die Leitung der Einrichtung übergeben hatte, in ihrer Laudatio betonte. „Ich danke dir für die Zeit, die du anderen geschenkt hast“, meinte sie.

Quelle: DIE RHEINPFALZ, Pfälzer Tageblatt - Ausgabe Rheinschiene, Samstag, den 23. Dezember 2017